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Ludwig Roebel wird am 6. Mai 1878 im pfälzischen Kusel geboren und wächst dort zusammen mit seinen beiden älteren Brüdern Robert und Franz auf.

Die Eltern Wilhelm und Susanna sind Inhaber der Engel-Apotheke und der Vater ist bis 1914 auch Bürgermeister von Kusel.

Ludwig besucht in Landau das Gymnasium. Dort wird seine Leidenschaft für Technik geweckt. Nach dem Abitur studiert er an der technischen Hochschule in München acht Semester Elektrotechnik und bleibt nach seinem Abschluss im Jahre 1902 noch einige Jahre als Assistent an der Hochschule. Ab 1905 arbeitet er als Elektroingenieur bei den Siemens-Schuckert-Werken in Nürnberg, wo Elektromotoren gefertigt werden. Im Jahre 1909 kommt er nach Mannheim und arbeitet als Versuchsingenieur bei BBC in Käfertal, dem damals größten BBC Werk in Deutschland. Hier gelingt ihm bereits zwei Jahre später seine wichtigste Erfindung, der nach ihm benannte Roebelstab.

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war der Bedarf an elektrischen Strom stark angestiegen und erforderte immer leistungsfähigere Generatoren. Bei deren Bau aber traten große Probleme auf. Bislang hatten die Statorwicklungen der Wechselstromgeneratoren aus massiven, parallel angeordneten Kupferstäben bestanden.

Infolge der magnetischen Streufelder entstehen bei dieser Konstruktion jedoch Wirbelströme, die den Strom an den äußersten Rand der Kupferstäbe verdrängen und ihn nicht mehr durch den gesamten Leiterquerschnitt fliesen lassen. Dadurch wächst der Widerstand, und die Kupferstäbe und damit auch der Generator selbst werden sehr heiß. Auch dickere Kupferstäbe bringen keine Abhilfe. Größere Generatorleistungen als zwanzig Megawatt sind daher nicht zu erreichen.

Ein kleines Experiment der Technorama in Winterthur verdeutlicht die Wirkung von Wirbelströmen. Dort hat man sieben aus unterschiedlichem Material bestehende Stäbe senkrecht angeordnet. Wenn man die sie umgebenden Magnetringe fallen lässt, stellt man fest, dass die Ringe unterschiedlich schnell fallen. Das Magnetfeld der Ringe dringt in das Material der Stäbe ein, versetzt dort freie Elektronen in Bewegung und erzeugt Wirbelströme. Ist der Stab ein guter Leiter, wie zum Beispiel ein Kupferstab, so gibt es starke Wirbelströme und eine entsprechend kräftige Bremswirkung. Bei Stäben aus elektrisch nicht leitendem Material, ist keine Bremswirkung zu beobachten.

Diesen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und elektrischen Strömen hat als Erster der Physiker Heinrich Emil Lenz erkannt und bereits 1833 beschrieben, bekannt als „Lenzsche Regel“. Auf diese Weise funktioniert eine Wirbelstrombremse, auch Induktionsbremse genannt, die sogar einen ICE Triebwagen, eine Achterbahn oder den Freefall-Tower abbremsen kann. Dies zeigt, welch enorme Kräfte dabei auftreten.

Im Jahr 1911 findet Ludwig Roebel heraus, wie sich die Wirbelströme vermeiden lassen: er teilt den massiven Kupferstab in mehrere gegeneinander isolierte flache Kupferstreifen auf und ordnet sie durch „Verdrillung“ so an, dass sie miteinander verflochten, kontinuierlich einen Lagenwechsel im Querschnitt des Gesamtleiters durchlaufen. An den Enden werden die Teilleiter wieder miteinander verbunden und bilden einen Stab, den Roebelstab.

Auf diese Weise heben sich die Wirbelströme gegenseitig auf und der gesamte Querschnitt des Stabes kann nahezu gleichmäßig vom Strom durchflossen werden. Erst nach Roebels Erfindung lassen sich ab 1912 große Generatoren bauen, mit denen der elektrische Strom nun preiswert produziert werden kann.

BBC meldet den „Leiter für elektrische Maschinen“ zum Patent an, das am 19. März 1912 erteilt wird.

Der Roebelstab tritt von Mannheim aus seinen Siegeszug um die Welt an. Die Bezeichnung Roebelstab setzt sich international durch und selbst das Verb „verroebeln“ wird für die Herstellung des Stabes verwendet. Es folgen Patente in den USA, der Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien, England und der Tschechoslowakei. Das hat für BBC eine große wirtschaftliche Bedeutung. Wenn von nun an große Generatoren gebaut werden, müssen die Firmen an BBC Lizenzgebühren bezahlen. Dem Roebelstab verdankt BBC auch einen gewaltigen Vorsprung vor der Konkurrenz. Bereits im Jahr 1914 wird BBC beauftragt, die damals weltweit größte Turbogruppe mit einer Leistung von 29,4 Megawattstunden (40.000 PS) für das Kraftwerk Elverlingsen nahe Iserlohn zu bauen.

1919 erhält Ludwig Roebel Prokura.

Und auch privat findet er sein Glück. Er heiratet Emilie Eccard, Oberschwester am Freiburger Kinderkrankenhaus. Das junge Paar wohnt in der Augustaanlage. Dort wird 1921 Sohn Hans geboren. 1924 zieht die Familie in ihr eigenes Haus in der Otto-Beck-Straße.

Im Jahr 1925 ernennt BBC Ludwig Roebel zum technischen Direktor, zuständig insbesondere für das Versuchsfeld elektrische Maschinen und das Hochspannungslaboratorium. In den Folgejahren gelingen Roebel weitere Erfindungen. Unter anderem befasst er sich auch mit der Verbesserung von Ölabstreifern von Generator-Lagern, Schweißgeneratoren und Reaktanz-Drosselspulen.

In Anerkennung seiner herausragenden Verdienste um die Entwicklung des Elektromaschinenbaus verleiht die Technische Hochschule Danzig Ludwig Roebel am 11. Juli 1933 die Ehrendoktorwürde.

Völlig unerwartet und allzu früh stirbt Dr. Ludwig Roebel kurz vor Vollendung seines 56. Lebensjahres am 7. April 1934 in Königsfeld im Schwarzwald, wo er mit seiner Frau und dem dreizehnjährigen Sohn Hans den Osterurlaub verbringen und sich erholen will. Doch kurz nach seiner Ankunft wird er bewusstlos und stirbt drei Tage später vermutlich an den Folgen einer Kopfverletzung, die er sich bei der Arbeit zugezogenen hat.

Viele Nachrufe würdigen nicht nur seine beruflichen Erfolge und sein Pflichtbewusstsein, sondern auch seine große menschliche Wärme, Güte, Bescheidenheit und Aufrichtigkeit, seinen Sinn für Gerechtigkeit und seine lebenbejahende Heiterkeit.

Seine Erfindung aber lebt weiter. Bis heute bildet der Roebelstab die Grundlage für den Bau großer Generatoren und Elektromotoren und ist nach wie vor unverzichtbar. Das BBC-Generatorenwerk gehört später zu ABB, dann zu Alstom und wird leider im Jahr 2008 geschlossen. Heute erinnert die Roebelstraße in Mannheim Käfertal an den großen Erfinder.

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